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Auswirkungen des Windenergieausbaus auf die Vogelwelt

Regionale Auswirkungen des Windenergieausbaus auf die Vogelwelt - Eine exemplarische Untersuchung von sechs bundesdeutschen Landkreisen

Ausschnitt Titelbild © 2018 WWF Deutschland, Berlin

Auftraggeber:in : WWF Deutschland
Auftragnehmer:in : Bosch & Partner GmbH
Aufgabenstellung : Analyse von Auswirkungen des prognostizierten Ausbaus der Windenergienutzung und damit verbundener naturschutzbezogener Konfliktrisiken in Beispielregionen anhand eines geodatenbasierten Ansatzes
Bearbeitungszeitraum : 2018
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Im Auftrag des WWF Deutschland haben wir die Umweltauswirkungen des prognostizierten Ausbaus der Windenergienutzung in einigen Beispielregionen anhand eines geodatenbasierten Ansatzes analysiert. In der Studie standen vor allem die Flächenverfügbarkeiten sowie das Ausmaß naturschutzbezogener Konflikte, speziell für die Vogelwelt, im Fokus. Zu diesem Zweck wurden exemplarisch sechs Landkreise in Deutschland ausgewählt und ausgehend von dem Szenario Energiewende-Referenz aus der Studie „Zukunft Stromsystem II - Regionalisierung der erneuerbaren Stromerzeugung“ des Öko-Instituts und Prognos genauer untersucht. Die Abschätzung naturschutzbezogener Konflikte bewegt sich auf einem dementsprechend hohen Abstraktionsniveau und stellt keine Prognose rechtlich relevanter Zulässigkeitsrisiken auf regionaler oder lokaler Ebene dar.

Grundlage der Studie ist ein geodatenbasierter Ansatz, bei dem eine Bewertung aller flächenhaft abbildbaren Naturschutzbelange erfolgt. Darüber hinaus wurde die mögliche Betroffenheit der Vogelarten Rotmilan, Kiebitz und Mäusebussard außerhalb von Schutzgebieten anhand weiterer Geodaten genauer analysiert. Das zugrunde gelegte Ausbauszenario Energiewende-Referenz stammt aus der Studie des Öko-Instituts und Prognos, in der deutschlandweit Ausbauflächen für die Windenergienutzung berechnet wurden. Darauf aufbauend wurden exemplarisch sechs Landkreise Deutschlands ausgewählt, in denen anteilig die umfangreichsten Flächeninanspruchnahmen für den Ausbau der Windenergienutzung erwartet werden und die drei genauer betrachteten Vogelarten relativ häufig vorkommen.

Im Analyseschritt 1 wurden zunächst rechtliche und faktische Ausschlussflächen (z. B. Wohngebiete und angrenzende Bereiche oder Naturschutzgebiete) ermittelt, die prinzipiell nicht für die Windenergienutzung in Frage kommen. Für die verbleibenden Flächen (zwischen 13 und 28 % der Kreisgebiete) erfolgte eine naturschutzbezogene Raumbewertung anhand verfügbarer Geodaten in fünf Konfliktrisikostufen.

Im Analyseschritt 2 wurden zusätzlich Daten des Atlas Deutscher Brutvogelarten für Rotmilan, Kiebitz und Mäusebussard ausgewertet, um deren Betroffenheit in den Beispiellandkreisen zu ermitteln. Bei der zu diesem Zweck aus den Daten abgeleiteten Vorkommensdichten handelt es sich jedoch nicht um eine Bewertung der auf diese Arten bezogenen Konfliktrisiken. Für eine fundierte Bewertung der Konfliktrisiken müssten weitere Parameter wie die artspezifische Kollisionswahrscheinlichkeit, Habitatbindung, Reviergröße etc. Berücksichtigung finden.

Ausgehend von dem der Analyse zugrunde liegenden, räumlichen Modell, könnten in zwei Landkreisen der Flächenbedarf des Szenarios Energiewende-Referenz mit Flächen gedeckt werden, die mit den beiden geringsten Konfliktrisikostufen bewertet wurden. In drei weiteren Landkreisen gibt es insgesamt nur sehr wenige Flächen dieser geringsten Konfliktrisikoklassen, sodass hier auch zu großen Teilen Flächen mit mittleren Konfliktrisiken in Anspruch genommen werden müssten. In einem Landkreis ließe sich der Ausbau nur realisieren, wenn auch Flächen mit einem hohen Konfliktrisiko für die Windenergienutzung in Anspruch genommen würden. Selbst bei der Inanspruchnahme von Flächen geringer Konfliktrisiken kann nicht ausgeschlossen werden, dass bei einer genaueren Einzelfallbetrachtung doch Naturschutzbelange identifiziert werden, die gegen eine tatsächliche Realisierung der Windenergienutzung auf diesen Flächen sprechen.

Nach den Ergebnissen der artspezifischen Raumanalyse (Analyseschritt 2) wäre die Beanspruchung von Flächen mit sehr hoher Vorkommensdichten der Vogelarten Rotmilan, Kiebitz und Mäusebussard in keinem Landkreis erforderlich. Die hier ermittelte Betroffenheit unterscheidet sich stark je nach Lebensraumansprüchen und regionalen Schwerpunktvorkommen der untersuchten Vogelarten. Bei der Betrachtung des Rotmilans müssten in drei und beim Mäusebussard in fünf von sechs Landkreisen Flächen mit einer hohen Vorkommensdichte beansprucht werden, um das Szenario Energiewende-Referenz zu erfüllen. Für den Kiebitz sind in allen Landkreisen Flächen vorhanden, die als potenzieller Lebensraum ausgeschlossen werden können und daher ohne Konflikte mit der Art für die Windenergienutzung infrage kommen.

Zusammenfassend kann auf der Basis der Raumbewertung davon ausgegangen werden, dass sich die Flächeninanspruchnahme für die Nutzung von Windenergie selbst in den Regionen mit besonders hohem Zubaupotenzial überwiegend naturverträglich, wenngleich nicht vollkommen konfliktfrei realisieren ließe. Um die Nutzung der Windenergie gezielt auf die naturverträglichen Potenzialflächen zu lenken bedarf es der kontinuierlichen Weiterentwicklung und Verbesserung planerischer Steuerungselemente, die bereits auf strategischer Ebene ansetzt und verbunden ist mit einer übergeordneter Abschätzungen von Flächenverfügbarkeiten.

Etwas differenzierter stellen sich die Ergebnisse der artspezifischen Analyse dar. Hier kann der prognostizierte Ausbau für den Kiebitz wohl ohne besondere Betroffenheit erfolgen, bezogen auf den Rotmilan und den Mäusebussard müssten in den Landkreisen jedoch vielfach auch Flächen mit hoher Vorkommensdichte beansprucht werden, so dass von einer hohen Betroffenheit der Arten ausgegangen werden müsste, wenn das Szenario Energiewende-Referenz realisiert würde.

Der in dieser Studie gewählte geodatenbasierte Ansatz ermöglicht eine deutschlandweite Analyse der potenziellen naturschutzbezogenen Auswirkungen des Ausbaus der Windenergienutzung. Da allerdings nur einige Landkreise exemplarisch untersucht wurden, ist die Übertragbarkeit der Ergebnisse auf ganz Deutschland nur bedingt möglich.